Es kommt nicht selten vor, dass ich Aussagen wie diese höre:
„Ich liebe es zu singen und es macht mich glücklich, aber auf die Bühne möchte ich nicht. Den Stress, jeden Tag die Stimme neu zu finden und mich der Bewertung auszusetzen, ist es mir nicht wert. Da singe ich viel lieber im Privaten oder im Chor mit anderen zusammen.“
Musik ist meine Passion und ich singe unfassbar gerne. Diese Vorliebe habe ich mit vielen Menschen gemein. Warum ich meinen Gesang auf einer Bühne teilen möchte, mich der damit verbundenen Belastung aussetze und trotzdem viel Freude dabei verspüre, möchte ich hier erzählen.
Für mich ist es nicht der Applaus an sich, der die Glücksgefühle hervorruft. Ich nehme den Applaus vielmehr als Ventil der Zuhörenden wahr. Haben die Musik, die Musizierenden, die Inszenierung die Zuhörenden berührt und ergriffen, so ist das Klatschen (nicht nur Ausdruck einer Konvention, sondern) ein Zeichen der Anteilnahme und des Dankes für das Erlebte. Auf der anderen Seite ist meine Verbeugung der Dank für das kostbare Geschenk, das mir jede*r Einzelne mit dem Zuhören bereitet hat.
Hin- und auch Zuhören hat eine enorme Kraft. Momente, in denen mit Offenheit hin- und zugehört wird, werden aufgrund eines Überangebotes an Möglichkeiten nur sehr ausgewählt miteinander geteilt. Wenn sie aber miteinander geteilt werden, entsteht für mich etwas ganz Besonderes.
In einem Konzert, an einem Opernabend und bei anderen Live-Veranstaltungen bietet die Musik eine nonverbale Begegnungs- und Kommunikationsebene, die zu außergewöhnlichen und erfüllenden Erlebnissen für Zuhörer*innen und Musiker*innen führt. Doch sie wird erst gebildet, wenn die Besucher*innen die Entscheidung treffen, ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dem Zuhören zu widmen. Diese Zeit geschenkt zu bekommen, schafft für mich den Ausgleich für alle Mühen.